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Die Entwicklung der Automobilfirma Citroën

Author: Axel Polanschütz

5.4.7 Die Expansion des Unternehmens im Ausland

Nicht nur die amerikanischen Autohersteller versuchten durch Exporte die Produktionszahlen zu erhöhen. Auch die Europäer richteten im benachbarten Ausland bereits Anfang der 20er Jahre erste Filialen ein.
Peugeot war einer der ersten und nahm 1925 in Mailand bzw. 1927 in Mannheim die ersten Montagewerke in Betrieb.

Citroën reagierte bereits zwei Jahre früher mit der ersten Zweigniederlassung, war jedoch beim Aufbau des ersten Motagewerkes im Ausland etwas langsamer als sein französischer Mitbewerber.



5.4.7.1 Die Gründung der ersten Filialen in Europa

Durch die ständig ansteigenden Produktionszahlen und durch den fallenden Franc hatte André Citroën nicht nur die Kapazitäten, sondern auch einen Preisvorteil, um seine Produkte im Ausland absetzen zu können.
Das und auch extravagante Marketingaktivitäten führten dazu, daß Citroën im Jahr 1929 bereits die höchsten Export- und Auslands-Absatzzahlen der drei französischen Hersteller hatte.
1927 jedoch stagnierten die Exportzahlen, was auf die aufwendigeren amerikanischen Wagen und deren dabei gleiche oder sogar niedrigere Produktionskosten zurückzuführen war. Bei Citroën entwickelte man deshalb eine neue Modellreihe, welche auch einen luxuriöseren, stärker motorisierten Wagen beinhaltete und welche im Oktober 1928 als C 4 bzw. C 6 vorgestellt wurden.

André Citroën machte bereits vor dem Ersten Weltkrieg erste Auslandserfahrungen mit der Produktion seiner Zahnräder und Getriebe, vor allem in Rußland und Österreich-Ungarn (Skoda).

Ungefähr 1910 wurde er mit Mors in Großbritannien tätig. Im Jahr 1913 richtete er in der Nähe von London eine vom Zahnradwerk unabhängige Zweigniederlassung, welche unter der Firma "Citroën Gear limited company" arbeitete, ein.164

Bereits im Jahr 1923 fiel die Entscheidung zu Gunsten von Großbritannien, wo er eine Vertriebsgesellschaft unter der Firma "Citroën Cars Limited" gründete.
Bereits ein Jahr später, im Jahr 1924, wurden Tochtergesellschaften in Belgien, Dänemark, Italien, Holland und in der Schweiz gegründet.165

Im Jahr 1925 folgte in Madrid die "Sociedad Espanola de Automobiles Citroën“, wo später in Lizenz sogar eigene Karosserien hergestellt wurden.

In Mailand begann man im Jahr 1926 mit der Montage des kleinen C3, sowie in Brüssel bei der Fa. "Société Belge des Automobiles Citroën" und in Großbritannien. Im selben Jahr errichtete man eine Montagefirma in Warschau, weiters eine Gesellschaft in Algier, welche unter der Fa. "Société Nord-Africaine des Automobiles Citroën“ arbeitete.
1927 schließlich folgten Portugal mit Sitz in Lissabon und die Eröffnung des Produktionsbetriebes in Köln, welche am 8. 1. 1927 als "Citroën Automobil AG" ins Handelsregister eingetragen wurde.166



5.4.7.1.1 Großbritannien

Schrader schreibt in seinem Werk: "Zunächst hatte er 1923 ein Werk in den USA erwogen, wie auch eine Meldung in der Detroit Times vom 23. April 1923 bestätigte. Citroën entschied sich dann aber 1926 für Großbritannien, worauf bald weitere Werke in Italien, Deutschland und Belgien folgten."167
Dazu ist anzumerken, daß Citroën 1926 mit dem ersten Motagewerk im Ausland tätig wurde, Großbritannien war jenes Land, in dem er die erste Zweigniederlassung eröffnete.

In Slough, in der Nähe von London wurde, nachdem also bereits 1923 eine Vertriebsgesellschaft gegründet wurde, am 18. 2. 1926 auch die erste Produktionsstätte außerhalb Frankreichs gegründet. Das erste in Slough produzierte Modell war der B 14, gegen Ende 1928 stellte man auf die neuen C4 und C6 Modelle um.
In England stellte man im wesentlichen die gleichen Karosserievarianten her wie in Frankreich selbst. In Slough produzierte man hauptsächlich für den eigenen Markt, mit dem wesentlichsten Unterschied, daß diese Modelle mit Rechtslenkung ausgerüstet waren. Allerdings gab es von den C6 Modellen im Jahr 1929 zwei Spezialkarosserien mit luxuriöserer Ausstattung.168



5.4.7.1.2 Belgien

Die im Februar 1924 in Belgien gegründete "Société belge des automobiles Citroën“ wurde ausgebaut, um ebenfalls im Jahr 1926 mit der Montage des B 14 zu beginnen.
Die in der Fabrik in Forest nahe Brüssel nach den neuesten in Paris angewandten Arbeitsmethoden erzeugten Automobile waren hauptsächlich für den belgischen und holländischen Markt gedacht.169



5.4.7.1.3 Italien

Ebenfalls im Jahr 1926 wurde in Italien die Produktion aufgenommen. Diese italienische Tochterunternehmung wurde im Dezember 1924 als "Societa Anonoma Italiana Automobili Citroën" in Mailand gegründet. Da das Archiv während des Zweiten Weltkrieges völlig zerstört wurde, existieren aus dieser Zeit kaum mehr Unterlagen oder Fotos.

Mit der Montage von Autos aus zugelieferten Teilen wurde erst ca. 1928 begonnen. Citroën bediente sich hier einer bereits seit 1919 bestehenden Karosseriefirma, welche am 28. Juni 1923 in die "Societa Anonima Boneschi" umgewandelt wurde. Lediglich die C4 und C6 Modelle, welche Ende 1928 auf den Markt kamen, wurden in Italien montiert. Mit der Einführung der Rosalie-Modellreihe im Jahr 1932 wurde auch die Montage bei Boneschi eingestellt.170
Die „Citroën Italia S.P.A.“ unterhält kein Archiv aus dieser Zeit, weshalb nähere Angaben nicht möglich sind.



5.4.7.1.4 Dänemark

Über Vermittlung der Fahrradfirma „Jyden“ in Alestrup, welche bald in „Auto Jyden“ umbenannt wurde, wurden die ersten Typ A importiert. Bevor André Citroën selbst tätig wurde, agierte noch die Firma „Cyclone“ in den 20er Jahren als Importeur.171
Im Jahr 1919 wurden bereits rund 50 Citroën Automobile nach Dänemark verkauft. Am 30. 9. 1924 folgte die Gründung der „Automobiles Citroën A/S“. Die ersten Büros wurden in Vesterbrogade eingerichtet, der Ausstellungsraum in Axeltorv, welcher sich näher beim Hafen von Kopenhagen befand, was die Abwicklung der Importe wesentlich erleichterte, welche direkt aus Frankreich kamen.
Im November 1926 wurden im Süden des Sydhavnener Hafens mehrere Gebäude und Fabriken angekauft, um dorthin die Büros und Verkaufsräume zu verlagern.

Nachdem die Zollgebühren für importierte Wagen drastisch erhöht wurden,und so die Erfolge gefährdet waren, beschloß man den Citroën B 14 dort zu montieren, allerdings wurden dazu alle Komponenten aus Frankreich importiert und keine Teile selbst gefertigt. Sabatès172 nennt für den Montagetermin keine Jahreszahl, doch muß dies etwa 1927 gewesen sein. Ende 1928 bis Anfang 1929 standen die Bänder still, um auf die neuen Modelle, den C4 und den C6 umzustellen.173
Noch vor der Einführung der „Traction Avant“ Modelle im Jahr 1934, wurde die Fabrikation in Dänemark allerdings eingestellt.174



5.4.7.1.5 Deutschland

Ebenfalls im Jahr 1927 wurde in Deutschland, in Köln-Poll, mit der Montage der ersten Citroën Fahrzeuge begonnen. In den über 17.000 m2 großen Fabrikshallen wurde ebenfalls das Modell B 14 produziert. Die Kölner Produkte waren nicht nur für Deutschland bestimmt, sondern wurden auch nach Skandinavien und Holland exportiert.



5.4.7.2 Auslandsaktivitäten außerhalb Europas

Citroën begnügte sich jedoch nicht mit den Erfolgen in Europa und versuchte seine Produkte auch in Südamerika, Afrika und Asien abzusetzen.175

Gegenüber den amerikanischen Großkonzernen hatte Citroën in diesen Ländern jedoch kaum Chancen. Vor allem der Preisunterschied zwischen seinen und den größeren und stärkeren amerikanischen Wagen war beträchtlich.
So kostete etwa 1928 in Argentinien ein B 14 G 10.000,-- Francs mehr als ein Chevrolet.

Auch bevorzugten die Kunden in diesen Ländern eher stärkere und große Wagen. Diese Probleme konnte Citroën erst mit der Einführung des Citroën C6, welcher mit einem Sechs-Zylinder-Motor ausgerüstet war, zum Teil lösen.
Ein weiteres Minus lag bei der Rabattpolitik der Amerikaner. So konnten die Vertreter der amerikanischen Marken ihren Kunden Rabatte in der Höhe von 25 bis 33 Prozent gewähren, die Citroën-Vertretungen hingegen lediglich bis zu 15 %.
Auch das von den Amerikanern forcierte Ratengeschäft war in diesen Kontinenten von Citroën nur ungenügend gelöst. So kümmerten sich hauptsächlich die jeweiligen Händler selbst um eine Lösung, um den Kunden den Ratenkauf anbieten zu können. Citroën hatte dazu zu geringe Verkaufszahlen, um diese Geschäftsmethode flächendeckend einzuführen.
Weiters waren bei Citroën zu wenige Mitarbeiter für das Exportgeschäft abgestellt, um den Händlern entsprechende Betreuung, Ausbildung, verkaufsfördernde Werbung und Verkaufsunterlagen anzubieten.176

Zu den Exportmodellen, welche fast ausschließlich direkt aus Frankreich geliefert wurden, läßt sich anmerken, daß diese völlig baugleich mit den für den französischen Markt bestimmten Wagen waren. Lediglich in einigen Details wurden sie für die ausländischen Märkte adaptiert. (z. B.: Rechtslenkung)177



5.4.8 Die Einführung neuer Technologien aus den USA bei Citroën

Zumindest 3 Mal reiste André Citroën mit Ingenieuren, manchmal auch in Begleitung seiner Gattin in die USA, um dort die großen Produzenten zu besuchen. Bereits 1912, dann wieder 1923 und 1931. (Weiter oben erwähnte ich eine Quelle, welche eine Reise im Jahr 1918 belegt.) Von seinen USA-Reisen brachte er Patente oder zumindest Ideen mit, welche sofort umgesetzt wurden - vollautomatisches Fließband, Ganzstahlkarosserie, schwimmend aufgehängter Motor und anderes.178



5.4.8.1 Ganzstahlkarosserie

Um die Produktion zu vereinfachen, den Ausstoß zu erhöhen, aber auch um das Produkt zu verbessern, war Citroën ständig auf der Suche nach neuen Technologien.
Ein Problem, sowohl im Produktionsablauf, aber auch für das rasch weiterentwickelte und durch höhere Geschwindigkeiten fragiler gewordene Automobil, stellte die noch in den 20er Jahren aus Holz gefertigte Rohkarosserie dar. Zu dieser Zeit wurden Holzrahmen mit Blechen, welche individuell angepaßt werden mußten, verkleidet.

Die hölzerne Rohkarosserie war auch noch zu Beginn der 30er Jahre bei Produzenten von Spezialkarosserien, welche meist Einzelanfertigungen waren und bei Kleinserienherstellern der Regelfall. Zu dieser Zeit wurden die Chassis jedoch bereits bei den großen Herstellern zugekauft und auf die vorgefertigte Technik die Karosserie aufgesetzt.

Die mit Blech verkleideten Holzrahmen bedurften zur Herstellung ausgebildeter Facharbeiter, weiters mußte das Holz vor der Verwendung im Karosseriebau etwa zwölf Monate trocknen, um später für verzugfreie Karosserien garantieren zu können. Dies verlangte wieder nach intensiver und teurer Lagerhaltung.

Auch das Produkt selbst war durch die zunehmende Motorisierung, die verbesserte Ausstattung und kompliziertere Aufbauten unter Druck geraten.
So bot die Holzkarosserie bei Unfällen keinerlei Sicherheit, da sie leicht zerbrach und splitterte, auch konnte sie den Vibrationen durch die höheren Geschwindigkeiten oft nicht mehr standhalten.
All diese Schwierigkeiten existierten für Kleinserienhersteller, welche meist luxuriöse Wagen, oft als Einzelstücke fertigten, kaum. Doch für Großserienproduzenten warf dies große Probleme auf.
Durch die zunehmende Spezialisierung war man bestrebt, die teure, qualifizierte Arbeitskraft durch billige, unqualifizierte Arbeiter zu ersetzen. Auch versuchte man zunehmend, die Lagerhaltung einzuschränken.179

Als André Citroën 1923 in die Vereinigten Staaten reiste, konnte er bei der Fa. Budd ein Patent zur Herstellung von Ganzstahlkarosserien erwerben.

Die „Budd Manufacturing Company“ war ein selbständiger Karosseriebauer mit Sitz in Philadelphia, welcher um 1923/1924 eine leichte, schnell herzustellende Ganzstahlkarosserie entwickelte.180

Dieses System verlangte allerdings auch nach neuen, geeigneten Blechen und für die Bedienung der Pressen mußten Arbeiter eingeschult werden. Neben den Maschinen mußte auch das amerikanische Know-How finanziert werden. Für die Ausbildung der Ingenieure und Vorarbeiter war 5 Jahre lang eine Gruppe von Amerikanern im Werk, welche quasi alle Bereiche der Karosserieerzeugung instruierten.
Diese Maschinen waren in der Lage, bis zu 400 Längsträger pro Stunde zu erzeugen, von denen man pro Chassis zwei benötigte.
Die Ganzstahlkarosserie wurde von Citroën mit zwei Hauptargumenten beworben, der Sicherheit und dem Komfort.181

So schreibt man im „Almanach Citroën“ von 1932, daß sich der Stahl bewährt hat, er bricht nicht, Stahl verbiegt sich, anstatt zu splittern und ist unverrottbar. Man vergaß auch nicht, Gründe dafür anzuführen, warum nicht alle Autos so hergestellt werden. Es lag nicht am Können oder an den Traditionen anderer Automobilbauer, sondern einzig an der Kapitalausstattung der Betriebe, um die Maschinen und das nötige Know-How zu erwerben.182

Die Fertigung einer Ganzstahl-Karosserie dauerte im Jahr 1929 etwa 8 Stunden. Von der Teilemontage, über die Schweißarbeiten, die Lackiervorbereitung bis zur Lackierung. Die Karosseriefertigung fand zu dieser Zeit auf 17 rund 150 Meter langen Montagebändern statt. Dies war ausreichend, um die Karosserieproduktion und die Chassismontage parallel laufen zu lassen, für welche nur 24 Minuten notwendig waren.183

Im Zuge der neuartigen Karosseriebaumethode wurden etwa 800 Maschinen und 46 hydraulische Pressen installiert. Mit den Pressen war man in der Lage, die Türen, Frontsegmente und die Bodengruppe der Wagen mit wenig Arbeitsaufwand herzustellen.184

Erst die Entwicklung und Implementierung der Ganzstahlkarosserie-Technologie ermöglichte es Citroën, den Produktionsprozeß noch stärker zu spezialisieren und vor allem nicht nur die Endmontage bzw. die Montage von Bauteilen an der Fließbandmethode zu orientieren, sondern auch zunehmend die Karosserie und Chassis-Produktion danach auszurichten.
Den Produktionsprozeß der Karosserien beschreibt Mikloweit185 in seinem Buch besonders ausführlich. Obwohl er den Prozeß in Deutschland erklärt, läßt sich dies ohne weiteres auch auf Frankreich umlegen, da dort Technologien erprobt wurden, bevor sie in die Filialen kamen. Citroën Deutschland etwa bezog die Formteile aus Frankreich und mußte sich so auf deren Verschweißen und Montage konzentrieren. Durch die zunehmende Technisierung der Produktion wurden in Deutschland zunehmend mehr Teile selbst gefertigt, obwohl die Formteile nach wie vor aus dem Pariser Werk St. Ouen kamen.
Den für Europa neuartigen Fertigungsprozeß beschreibt Mikloweit wie folgt: „Unter dem Druck gewaltiger Pressen wurden die Bleche zu den Karosserie-Einzelteilen geformt, wobei größte Genauigkeit der Paßform aller Einzelpreßteile unbedingte Voraussetzung war; sie wurde durch die Präszision der Preßgesenke erreicht. Damit sich die Bleche ziehen ließen ohne zu reißen, unterzog man sie in besonderen Blechwalzmaschinen einer Vorbehandlung. Wo für den Aufbau besonders breite oder lange Blechtafeln erforderlich waren, stellte man diese aus mehreren Einzelblechen her, indem man ihre Kanten durch elektrische Stumpfschweißung verband. Die Nähte wurden durch Spezialfräsen bearbeitet und anschließend per Hand durch Dengeln mit Hammer und Gegenwange geglättet. (...) Schon damals kam man in der Vielpunkt-Schweißtechnik auf 160 Punktschweißungen in nur 45 Sekunden. (...) Nachdem die einzelnen Karosserieteile angefertigt waren, erfolgte in speziellen Paßrahmen der Zusammenbau des gesamten Rohkörpers, der anschließend gebrauchsfertig aufs Fließband gesetzt wurde.“186



5.4.8.2 Lackiertechnik

Im Gegensatz zu Henry Ford, der meinte, der Kunde könne sein Auto in jeder gewünschten Farbe haben, vorausgesetzt sie war schwarz187, bot man bei Citroën von 1919 an bereits mehrere Farbtöne an.
In den Anfängen des Autobaus war die Lackierung des Wagens eine zeitaufwendige, umständliche Arbeit. Weit verbreitet war damals der Kutschenlack, welcher durch einen komplizierten Kochprozeß, bei dem bei etwa 360 Grad Celsius das Leinöl mit dem nötigen Kopal (Harz) eine Verbindung einging, hergestellt wurde. Vor dem Lackieren mußten Unebenheiten ausgespachtelt werden, wozu eine Paste diente, welche aus Schiefermehl, Leinöl und Kopallacken angerührt wurde und anschließend mit Walzmaschinen zu einer feinen Struktur verholfen wurde.
Dies war wohl der ausschlaggebendste Grund dafür, daß die Autohersteller nach rationelleren Methoden suchten.
Citroën war auch hier einer der Ersten, der die Nitro-Spritzlackierung zur Anwendung brachte. Nitrolack besteht nicht aus Öl und Harzen, sondern aus Nitrozellulose, Harzen und Weichmachern, welcher somit dem Zelluloid ähnelte. Die Vorteile des Nitrolackes waren die äußerst kurze Trockenzeit, die gute Schleifbarkeit, aber auch der gute Glanz, welcher nach Polieren entstand. Citroën verwendete nach kurzer Zeit das Duco-Lacksystem, welches von den Du Pont Werken entwickelt worden war und dort rasch zu einem Qualitätsbegriff anvancierte. 188

Heute ist der Nitrolack im Automobilbau schon längst Geschichte, er wurde durch glanzbeständigere, stark lösemittelhältige Lacke ersetzt, welche heute bereits wieder zunehmend durch Produkte auf Wasserbasis ausgetauscht werden.

Mikloweit beschreibt in seinem Werk auch den Lackiervorgang am ausführlichsten. „Seit eh und je galt als Bedingung, daß zu lackierende Flächen frei von Rost- oder Fettspuren sein mußten, wollte man für einen dauerhaften Erfolg der Lackierarbeiten garantieren. Deshalb wurden bei Citroën von vornherein nur zunder- und rostfreie, in Öl gewalzte Bleche für die Karosserieherstellung verwendet.
Zunächst wurde die Karosserie grundiert, Unebenheiten im Blech durch einen Spachtelgrund aufgefült und ein Füller aufgespritzt. Kleinere Erhebungen glättete der Lackierer mit feinem Schleifpapier. Danach wurden mehrere Schichten farblich eingetönte Grundierung aufgetragen, wobei nach jeder Schicht sorgfältig geschliffen werden mußte. Die Trockenzeiten lagen bei Spachtel bis zu drei Stunden, bei Nitro 30 Minuten. Danach folgte der Hochglanzlack.
Das Trocknen und Einbrennen der Lackschichten erfolgte in zehn verschiedenen Trockenkammer-Anlagen. Die hier herrschenden Temperaturen waren von ausschlaggebender Bedeutung für die Güte und Haltbarkeit der Lackierung. Bei kleineren Karosserieteilen wurde die damals weit verbreitete Tauchlackierung angewendet, bei der die einzelnen Gegenstände auf ein Kettenband gehängt und in Lackbehälter getaucht wurden. Die Transportkette führte die tropfnassen Teile weiter in die Trockenräume. (...) Zur Unterstreichung der eleganten Linienführung gab man den Fahrzeugen seitlich, unterhalb der Seitenfenster, feine Kontrastlinien. Sie wurden von einem Lackiermeister aus freier Hand mit einem Linierpinsel aufgetragen.“189



5.4.8.3 Fahrzeugmontage

In der von mir über dieses Thema gelesenen Literatur kam ich immer wieder auf das Buch von Mikloweit zurück, der in diesem Werk die einzelnen Elemente des Produktionsprozeßes am anschaulichsten und vor allem am komplettesten beschreibt.
Ich erlaube mir deshalb, auch die Montage der Personenwagen, welche sich in der Fabrik am Quai de Javel abspielte, von Mikloweit190 zu übernehmen. Er beschreibt zwar die Montage der Fahrzeuge in Köln, doch veranschaulichen einige von Citroën veröffentlichte Fotos und auch andere Quellen, daß die Montage in Frankreich nach demselben Prinzip funktionierte.

„Anfangs genügte ein einziges Montageband, auf welchem die zu komplettierenden Fahrgestelle auf Rollwagen von einer Station zur nächsten weitergeschoben wurden. Für diesen Vorschub sorgte die Muskelkraft starker Männer - dies geschah noch nicht wie heutzutage automatisch in variablen Taktzeiten. Durch Erweitern der Montagestationen ließ sich jederzeit die Produktion steigern; das Montageband war so ausgelegt, daß eine Variierung der Herstellzeit ohne weiteres durchführbar war.
Die gepreßten Rahmenteile, Längsträger und Quertraversen kamen vom Rohlager in die Montagehalle. hier wurden sie nach Schablonen gebohrt, zusammengepaßt und vernietet. Man wendete dabei nicht das amerikanische Kaltnietverfahren an, sondern blieb bei der Warmnietmethode, wodurch eine intensivere Verbindung der einzelnen Preßstücke und Rahmenteile gewährleistet war.
Die Rahmen wurden anschließend auf eine Montagestraße gebracht, und zwar mit der Unterseite nach oben. In dieser Stellung wurden die Halbelliptikfedern gemeinsam mit der Vorder- und Hinterachse eingebaut.

Sämtliche Bauteile und Aggregate, die bei der Fertigung gebraucht wurden, gelangten aus dem Teilelager oder aus der Kleinmontage genau an jene Stelle der Chassis-Montagebahn, wo man sie für den Einbau benötigte. Von dieser Bahn wurde das Fahrgestell von einem Greifer aufgenommen, der es zugleich um 180 Grad in der Längsachse drehte und das in die spätere Laufposition gerichtete Fahrgestell anschließend auf einen fahrbaren Montagewagen mit acht schwenkbaren Rollen (Teewagenprinzip) absetzte.
Im Betonboden der Montagehalle waren Stahlschienen eingelassen, die dem Montagewagen mit dem aufliegenden Fahrgestell Führung boten. Diese Schienenbahn bildete die sogenannte „Montagestraße“. Die Fahrgestelle wurden Stück für Stück von Hand vorwärts geschoben und erhielten dabei von Arbeitsgruppen der Reihe nach Motor und Getriebe, Lenkung, Kühler und alle anderen Ergänzungsteile.
Alle Aggregate, wie z.B. Motor, Lenksäule, Vorder- und Hinterachse, die während der einzelnen Montagephasen am Band gebraucht wurden, waren vorher in anderen Abteilungen (...) fertiggestellt worden. Die Motorblöcke bezog man von der Citroën-Gießerei in Clichy, die Getriebe lieferte ein ebenfalls zum Citroën-Werk gehörender Betrieb in St. Charles. Bevor die einbaufertig komplettierten Aggregate zur Installation ins Chassis abgegeben wurden, unterzog man sie gewissenhaften Kontrollen. Die Motoren ließ man auf Prüfständen einlaufen und auf Leistung abbremsen, die Getriebe und Hinterachsen wurden durch angeflanschte Elektromotoren in Betrieb gesetzt und in simulierten Betriebszuständen auf Geräuschentwicklung der Zahnräder geprüft und mit dem Stethoskop abgehorcht.
Für die Hubarbeiten beim Transportieren der einbaufertigen Aggregate befand sich unter dem Dach der Montagehalle eine Schienenbahn, an der Hebezeuge und kugelgelagerte Laufkatzen hingen. Durch diese Hilfsmittel ließen sich auch schwere Einbauteile ohne körperlich Anstrengungen handhaben.
Die Montagewagen fuhren mit dem Fahrgestell schließlich auf eine Höhe, die es ermöglichte, die kompletten Räder auf die Achsen zu stecken. Von hier rollte das Fahrzeug erstmals allein zur nächsten Station, wo die bereits lackierte Karosserie durch Deckenlaufkatzen auf das Chassis gesetzt, mit diesem verschraubt und komplettiert wurde. Ein Elektromechaniker verkabelte die elektrische Anlage, dann erfolgte in einer Prüfabteilung eine weitere eingehende Kontrolle des gesamten Fahrzeugs nach vorgegebenen Richtlinien. Die Prüfergebnisse wurden auf einem Wagenbegleitschein festgehalten.“191
Darauf folgte das Einfahren des fertigen Wagens. Man verzichtete bei Citroën darauf, eine spezielle Einfahrkarosserie auf das Fahrgestell zu montieren, wie dies etwa bei Steyr in Oberösterreich zu dieser Zeit üblich war.192 Bei Citroën wurde der fertige Wagen eingefahren und sowohl sorgfältig auf den bevorstehenden Einsatz beim Kunden vorbereitet, als auch dessen technische Komponenten eingefahren und eingebremst, um durch diese möglichst exakt erledigte Arbeit eine lange Lebensdauer, wie auch eine hohe Qualität und Fehlerfreiheit des Produktes garantieren zu können.


164 vgl. SABATES, 1995 b), S. 274
165 vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1991, S. 51
166 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 23 ff
167 SCHRADER, 1989, S. 82
168 vgl. SABATES, 1995 b), S. 274 ff
169 vgl. SABATES, 1995 b), S. 308
170 vgl. SABATES, 1995 b), S. 304
171 vgl. SERRES de, 1993, S. 207
172 vgl. SABATÈS, 1995 b), S. 300
173 vgl. ebenda
174 vgl. SERRES de, 1993, S. 207
175 vgl. SABATES, 1995 b), S. 274 ff
176 vgl. SABATES, 1995 b), S. 18 ff
177 vgl. SABATES, 1995 b), S. 176
178 vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 114
179 vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 116 f
180 vgl. SCHRADER, 1989, S. 79
181 vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 117 f
182 vgl. AUTOMOBILES CITROËN (Hrsg.): Almanach Citroën, Paris 1932, S. 270, zit. in: SCHWEITZER, 1992, S. 118
183 vgl. SAMPSON, Maurice in: The Autocar (zeitgenössische Zeitschrift) ohne nähere Quellenangaben, zit. in SABATÈS, 1995 b), S. 101 ff
184 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 18
185 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 31 f
186 MIKLOWEIT, 1991, S. 31 f
187 vgl. FORD, 1923, S. 83 und LACEY, 1987, S. 189 und CITROEXPERT, 1997, Nr. 4, S. 50
188 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 41
189 MIKLOWEIT, 1991, S. 41
190 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 32
191 MIKLOWEIT, 1991, S. 32
192 vgl. WAGNER, 1995, S. 55 f

 

 
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Stand: 15.03.2013
Copyright: Hannes Hromadka

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